Militärische Nutzung des Weltraums


Militärische Nutzung des Weltraums

Seitdem es die Raumfahrt gibt, ist der Weltraum zu einem Bereich geworden, in den es sich zu investieren lohnt. Dies gilt sowohl für die Forschung im Allgemeinen als auch für die Nutzung von Satelliten. Beide Anwendungsbereiche haben auch militärische Bedeutung. Forschung kann vielen verschiedenen Zwecken dienen, wie z. B. der Analyse möglicher Auswirkungen der Schwerkraft auf den menschlichen Körper oder der wissenschaftlichen Überprüfung physikalischer Theorien. Es können aber auch Waffen wie Raketensysteme erforscht werden.

Der Weltraum gilt als internationales Gebiet, dessen Regeln im Weltraumvertrag von 1967 festgehalten sind. So ist Staaten das Beanspruchen von Gebieten außerhalb der Erde (wie z. B. dem Mond, anderen Planeten oder Asteroiden) verboten. Der Weltraum soll ausschließlich der friedlichen Nutzung unterliegen, wobei insbesondere die Deponierung von Massenvernichtungswaffen verboten ist. Ob Waffen wie ballistische Raketen mit Nuklearsprengköpfen, die ihre Flugbahn zum Teil im Weltraum zurücklegen, auch verboten sein sollten, ist unter den Vertragspartnern umstritten. Satelliten haben einen enormen Nutzen für unsere Gesellschaft, sowohl für Telekommunikation, Navigation und Wettervorhersage als auch für das Militär, um verschlüsselt kommunizieren zu können und über Satellitenbilder Aufklärung zu betreiben. Da Satelliten zur sogenannten Kritischen Infrastruktur gehören und damit zu den wichtigsten militärischen Zielen zählen, bemühen sich viele Staaten – allen voran die USA, China und Russland – den Schutz ihrer Satelliten gewährleisten zu können, falls es zu einem Krieg kommen sollte. Auch die Bundeswehr nutzt sechs Satelliten zu ihren Zwecken. Staaten sind allerdings nicht mehr die einzigen Akteure, die im Weltraum mitmischen. Privatpersonen, wie beispielsweise Elon Musk mit seinem Unternehmen SpaceX, Jeff Bezos mit Blue Origin oder Richard Branson mit Virgin Galactic, spielen bereits heute eine große Rolle in der Raumfahrtbranche, die sie vermutlich in Zukunft weiter ausbauen werden. Dies birgt die Gefahr, dass diese privaten Unternehmen in internationale Konflikte verwickelt werden. Schon heute verfügen einige Raumfahrtnationen über die Möglichkeiten, Satelliten vom Boden aus unter Beschuss zu nehmen. Die NATO hat sich dazu entschlossen, einen Angriff auf einen Satelliten als Kriegsakt anzusehen, der den Bündnisfall auslösen könnte.

Um ihre Interessen im Weltraum zu schützen, haben die USA, China, Russland und andere Staaten in den letzten Jahren Strukturen aufgebaut. Die deutsche Bundeswehr hat 2021 nachgezogen. Diese arbeitet mit dem DLR (Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum) zusammen und konzentriert sich auf den Satellitenschutz und die Beobachtung von Weltraumschrott. Dass der Weltraum zu einem weiteren Kriegsschauplatz werden könnte, insbesondere in der hybriden Kriegsführung1, ist unserer Ansicht nach eine sehr reale Gefahr, der wir vorbeugen und entgegenwirken müssen. Ein Krieg im Orbit würde nicht nur Unmengen an Weltraumschrott verursachen, der wiederum eine Gefahr für Satelliten und Raumfahrtmissionen darstellt, sondern hätte im schlimmsten Fall sogar das Potenzial, unsere im Erdorbit befindliche Infrastruktur und damit unser modernes Leben zunichtezumachen.

Daher fordern wir als Partei der Humanisten eindeutigere Verträge, welche die militärische Nutzung des Weltraums streng regulieren. Wir setzen uns zwar für die Reglementierung von Waffensystemen im Weltraum ein, müssen jedoch anerkennen, dass wir erst nach einer Konsolidierung und Reform der UN diesbezügliches Fehlverhalten effektiv sanktionieren können. Wir glauben, dass sich die Raumfahrtnationen in einem spieltheoretischen Gefangenendilemma2 befinden, also jede Nation Angst hat, selbst eine Abrüstung zu riskieren, während andere Nationen diese Vereinbarung ignorieren. Daher müssen wir einer möglichen unbegrenzten Aufrüstungsspirale entgegenwirken. Wir begrüßen im Zuge dessen besonders das Verbot von Massenvernichtungswaffen. Die gemeinsame Reglementierung aller Waffensysteme halten wir für notwendig, damit im Weltraum trotz staatlicher Sicherheitsinteressen sowohl die Möglichkeit zur Selbstverteidigung besteht als auch das Potenzial, als Aggressor übermäßigen Schaden anzurichten, begrenzt werden kann. Außerdem fordern wir die Ausarbeitung und Verankerung eines Vertrags, der zivilen Satelliten auch im Kriegsfall Schutz gewährt. Unsere Position für ein europäisches Militär beinhaltet auch die Forderung nach einem europäischen Weltraumkommando für gemeinsame Forschung und Entwicklung von Abwehr- und Schutzsystemen sowie den aktiven Schutz von im Weltraum befindlicher europäischer Infrastruktur vor feindlichen Angriffen und Weltraumschrott. Ziel unserer Verteidigungspolitik für den Weltraum ist es stets, die Sicherheit unserer zivilen und militärischen Infrastruktur sicherstellen zu können.

Kurz zusammengefasst fordern wir:
  • Strengere und eindeutigere internationale Regulierung der militärischen Nutzung des Weltraums
  • Ausarbeitung eines Vertrags zur Immunität von zivilen Satelliten
  • Etablierung eines europäischen Weltraumkommandos für Forschung und Entwicklung von Abwehr- und Schutzsystemen
  • Bereitstellung des benötigten Schutzes unserer zivilen und militärischen Infrastruktur

Siehe auch

Asteroidenabwehr
Außenpolitik & Verteidigung
Satellitenschutz

Die Tagesschau schreibt als Erklärung zum Weltraumvertrag: „Der Weltraum gehört zu keinem Hoheitsgebiet eines Staates. Deshalb bilden fünf Abkommen der Vereinten Nationen die Grundlage des Weltraumrechts. Das Wichtigste ist der Weltraumvertrag von 1967, den mehr als 100 Staaten ratifiziert haben. […] Der Weltraum ist weitgehend demilitarisiert. Das heißt, es dürfen im Erdorbit und auf anderen Himmelskörpern keine Waffen stationiert werden. Das legen UN-Abkommen fest. Diese Regelungen gelten allerdings mittlerweile als nicht mehr zeitgemäß. […] Russland und China haben deshalb 2014 der UN-Abrüstungskonferenz in Genf einen Vertragsentwurf vorgelegt, der bestimmte Waffen verbieten soll“ [1].

Das Auswärtige Amt geht näher auf den Vertrag von 1967 ein und schreibt: „Danach ist der Erwerb von Hoheitsrechten an Teilen des Weltraums, am Mond und an anderen Himmelskörpern ausgeschlossen (Art. II WRV). Für den Weltraum wird eine weitgehende Freiheit der Forschung und der wirtschaftlichen Nutzung gewährt, die allerdings nicht schrankenlos gilt, sondern zum Vorteil und im Interesse aller Länder ungeachtet ihres wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungsstandes wahrzunehmen ist. […] Eine weitere Einschränkung dieser Freiheiten ist die friedliche Nutzung des Weltraums (Art. IV WRV), die für den Mond und die anderen Himmelskörper umfassend gilt (d.h. keine Stützpunkte, keine Waffen, keine militärischen Übungen), für den übrigen Weltraum hingegen nur teilweise (keine Kern- oder Massenvernichtungswaffen). Ob Waffensysteme, die nur einen Teil der Flugstrecke im Weltraum zurücklegen, um zu ihrem Ziel zu gelangen (ballistische Raketen mit Nuklearsprengkörpern), oder militärische Aufklärungssatelliten erlaubt sind, ist zwischen den Vertragsstaaten umstritten“ [2].

[1] Tagesschau, 2019. Luftleer, aber nicht rechtsfrei

[2] Auswärtiges Amt, 2021. Weltraumrecht

Astra, die Tochterfirma von SES, welche mehr als 70 Satelliten betreibt, schreibt zu den Aufgaben von Satelliten: „Sie fliegen in Tausenden von Kilometern über unserer Erde und sind aus unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken: die Rede ist von Satelliten. Ihre Zwecke und Einsatzgebiete sind breit: Von Navigation, Wettervorhersagen und Flugverkehr bis hin zu Finanzmärkten und Telekommunikation“ [1].

[1] Astra. Aufgaben der Satelliten, abgerufen November 2022

Spektrum der Wissenschaft schreibt beispielsweise in der Ausgabe vom März 2021: „Insbesondere die USA sind zusätzlich auf ihre militärischen Kommunikations- und Überwachungssatelliten angewiesen“ [1]. 

[1] Spektrum der Wissenschaft, März 2021, S. 14.

SpaceX wurde 2002 von Elon Musk gegründet, um Technologien zu entwickeln, die der Menschheit das Kolonisieren des Mars ermöglichen sollen [1]. Derzeit ist SpaceX damit beschäftigt, Raketen zu bauen [2], die ISS zu versorgen [3] und ein Satellitennetzwerk für weltweites Internet aufzubauen [4]. Blue Origin ist ein 2000 gegründetes Unternehmen des Amazon-Gründers Jeff Bezos, das an wiederverwertbaren Raketen und Mondlandegeräten arbeitet [5]. Virgin Galactic wurde 2004 gegründet, mit dem Ziel, wissenschaftliche Missionen und Passagierflüge ins All durchzuführen [6].

[1] Wikipedia. SpaceX

[2] SpaceX. Starship, abgerufen Mai 2023

[3] MDR, 2021. SpaceX: Versorgungsflug zur ISS verschoben

[4] Handelsblatt, 2022. Highspeed-Internet im Flugzeug: Musk baut Starlink deutlich aus

[5] Wikipedia. Blue Origin

[6] Wikipedia. Virgin Galactic

Spektrum der Wissenschaft schreibt in einem sehr ausführlichen Artikel zu dem Thema: „Die USA reagierten im Januar 2019 auf die Bedrohung, indem sie die unabhängige militärische Abteilung United States Space Force schufen, mit der Begründung, Russland und China hätten das All „bewaffnet“. Der Weltraum sei ab nun ein Ort, an dem Kriegshandlungen denkbar wären. […] Mittlerweile können Militärs aus einem umfangreichen Sortiment an Anti-Satelliten-Waffen, kurz ASAT-Waffen, auswählen. Die schlagkräftigste Option ist eine Lenkrakete, die von der Erde aus abgefeuert wird. […] Auch am Boden oder auf Satelliten installierte Laser lassen sich als Waffe einsetzen. Ihr Licht kann die Fotosensoren der Spionagesatelliten derart blenden, dass sich damit nichts mehr erkennen lässt“ [1].

[1] Spektrum der Wissenschaft, März 2021, S. 14ff.

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland schreibt: „Der jüngste Nato-Beschluss erinnert an Science-Fiction-Filme: Angriffe aus dem Weltraum können ab sofort einen Nato-Bündnisfall auslösen. Das Verteidigungsbündnis hat das All am Dienstag zu einem eigenständigen Operationsgebiet erklärt. Waffen will die Nato im Weltraum aber nicht stationieren“ [1]. 

[1] Redaktionsnetzwerk Deutschland, 2019. Angriffe aus dem Weltall können nun einen Nato-Bündnisfall auslösen

Spektrum der Wissenschaft schreibt: „Die USA reagierten im Januar 2019 auf die Bedrohung, indem sie die unabhängige militärische Abteilung United States Space Force schufen“ [1]. Wikipedia führt das Projekt für die bemannte Raumfahrt in der Abteilung für Waffenentwicklung auf, wobei sich dieser Artikel auf die offiziellen chinesischen Internetauftritte beruft [2]. Zu Roscosmos sind derzeit aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine kaum zuverlässige Daten zu finden.

[1] Spektrum der Wissenschaft, 2021. Angriff im Orbit

[2] Wikipedia. Bemanntes Raumfahrtprogramm der Volksrepublik China

Deutschlandfunk berichtet: „Das neue Weltraumkommando der Bundeswehr nimmt seinen Dienst auf. […] Neben der Überwachung von Satelliten und der militärischen Aufklärung gehört auch die Beobachtung von Weltraumschrott zu ihren Aufgaben. […] In Zukunft hat man auch militärische Angriffe auf die eigene Weltrauminfrastruktur und die der NATO-Verbündeten im Blick“ [1]. Die Bundeswehr schreibt: „Das WRKdoBw hat die militärischen Anteile an der zehnjährigen erfolgreichen Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im WRLageZ übernommen, ohne diese national wie international hoch anerkannte Organisation zu vereinnahmen“ [2].

[1] Deutschlandfunk, 2021. Weltraumkommando der Bundeswehr geht an den Start

[2] Bundeswehr, 2022. Das Weltraumkommando der Bundeswehr

ARDalpha schreibt dazu: „Ausgebrannte Raketenstufen, kaputte Satelliten, verlorene Schraubenzieher und abgesplitterte Lackpartikel: Der Orbit um die Erde ist voller Weltraumschrott. Der Müll ist gefährlich – und inzwischen ganz schön verbreitet. […] Experten fürchten, dass Raumflüge irgendwann kaum mehr möglich sein könnten, wenn nicht gegengesteuert wird – einfach, weil es immer mehr Fragmente werden“ [1].

[1] ARDalpha, 2022. Rasend schnell und sehr gefährlich





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