Von Todesstrafe bis Homoheilung – eine Chronik christlicher Homophobie

Homosexualität ist weder ein Verbrechen noch eine Krankheit. Höchste Zeit, dass diese Einsicht auch in den Köpfen von Politikern und Kirchenvertretern ankommt!

Zur Geschichte der Homophobie

Seit dem Mittelalter wird sie zunächst als Sünde und später als Verbrechen angesehen und bestraft. Auch heute noch werden Homosexuelle weltweit strafrechtlich verfolgt, in manchen islamischen Ländern steht darauf die Todesstrafe.

Die Nazis haben den § 175, der Sex unter Männern unter Strafe stellt, verschärft und in dieser Fassung wurde er auch noch nach 1945 angewendet. Anstatt KZ-Häftlinge als Opfer des Nationalsozialismus anzuerkennen, wurden manche von ihnen erneut ins Gefängnis gesteckt, um ihre „Reststrafe“ abzusitzen. Insgesamt wurden von 1949 bis 1994 64.000 Männer wegen ihrer Homosexualität verurteilt.

Mitte des 19. Jahrhunderts kam man auf die Idee, Homosexuelle als Kranke anzusehen, was ihre Lage keineswegs verbessert hat. Zusätzlich zu den Strafen, auf die kirchlich-konservative Kreise nicht verzichten wollten, kam es dann auch noch zu Zwangsbehandlungen. Erst 1994 wurde der § 175 gestrichen und obwohl die WHO 1990 Homosexualität von der Liste psychischer Erkrankungen genommen hat, hat die Diskriminierung damit noch kein Ende – auch heute noch wird Homosexualität verteufelt.

Eine Studie von 2016 zur Akzeptanz von Homosexualität ergab, dass es „deutliche Zusammenhänge mit Religiosität“ gibt. Je religiöser Menschen sind, und dies gelte weltweit, desto intoleranter sind sie gegenüber Homosexualität. Das werde seit Jahrzehnten beobachtet und betreffe Christen und Muslime ebenso wie Juden und Hindus.

Das Mittelalter ist noch lebendig.

Der Papst hält sie für „eine Mode“ und rät, einen Psychiater aufzusuchen.

AKK fürchtet, dass das „Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts durch die Ehe für alle schleichend erodiert“.

Am Samstag gab Kurienkardinal Gerhard Müller in einem Spiegel-Interview kund, dass „kein Mensch gottgewollt als Homosexueller geboren wird“ und zog einen perfiden Zusammenhang zwischen Homosexualität und dem sexuellen Missbrauch Jugendlicher durch Kleriker. Auch das Magazin „Katholisches“ erklärte zum Missbrauchsskandal: „Täter sind vorwiegend homosexuell.“

„Päderasten“ werden als „übergriffige Homosexuelle“ beschrieben. Allerdings, so die verbreitete Verschwörungstheorie, würde die scheinbar sehr mächtige „Homolobby“ verhindern, dass die Schuldhaftigkeit von Homosexuellen klar benannt werden dürfe. Wenn bei aktuellen Studien andere Ergebnisse herausgekommen sind oder andere Rückschlüsse gezogen wurden, die der These vom „Homosex-Täter“ widersprechen, wird schlicht eine „(homo-) ideologische Schlagseite“ unterstellt.

Diese homophoben Thesen werden auch von führenden Würdenträgern der katholischen Kirche unterstützt – etwa vom amerikanischen Kardinal Raymond Leo Burke oder vom schweizerischen Bischof Marian Eleganti. Letzterer bezeichnete Homosexuelle in diesem Zusammenhang sogar als weniger „wertvolle Variante der Schöpfung“.

Homosexualität ist ein „Symptom der Ur-Sünde“, homosexuelle Menschen sollten „auf die Praktizierung dieser Prägung verzichten und sexuell enthaltsam leben“. Und wenn sie ihre sexuelle Orientierung ändern möchten, sollten sie sich einer „Therapie“ unterziehen. Diese Ansichten vertritt der Bund Freier Evangelischer Gemeinden in Deutschland. Die Formulierungen finden sich in einer im Dezember veröffentlichten „Orientierungshilfe“ zum Thema Homosexualität. Der Bund umfasst nach eigenen Angaben bundesweit 479 Gemeinden mit mehr als 41.000 Mitgliedern. Hinzu kommen fast 10.000 Kinder und etwa 15.000 Freunde, die die Gottesdienste besuchen.

Zwar distanziert sich die evangelische Kirche offiziell von solchen „Konversionstherapien“, in denen Homosexuelle umgepolt werden sollen, aber Anfang November wurde mit Michael Diener ein Evangelikaler in den Rat der EKD gewählt. Er sagt: „Unser Verständnis der Schrift führt zu einem negativen Urteil über praktizierte Homosexualität.“

Deutschland – ein Gottesstaat?

Der Weltärztebund hat im Jahr 2013 Konversionstherapien als „Menschenrechtsverletzungen“ verurteilt. Aber trotz dieser eindeutigen medizinischen Einschätzungen, trotz vieler Proteste und einer inzwischen eingerichteten Bundesratsinitiative, sind diese Angebote bis heute in Deutschland nicht verboten, und es finden sich einige christlich-fundamentalistische Gruppen, die Homo-Heilungen propagieren und anbieten. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass allein schon die Existenz einer vermeintlichen Therapie viele Menschen glauben lässt, es handele sich tatsächlich um eine Krankheit.

Überlebende von Homo-„Heilung“ aus den Vereinigten Staaten schlossen sich bereits 2014 zusammen, um solche „Therapien“ als Folter zu brandmarken. Vor dem Komitee der Vereinten Nationen zur Überprüfung der Anti-Folter-Konvention berichtete im November desselben Jahres erstmals ein Opfer von Konversionstherapien über die unmenschliche Behandlung. Samuel Brinton erzählte unter Tränen, wie er als Zehnjähriger mit Elektroschocks, Nadelstichen und Verbrennungen gefoltert wurde: „Nach alledem blieb ich schwul, war aber dem Suizid nah.“

Nach anfänglichen Weigerungen hat Gesundheitsminister Spahn jetzt nun doch die Absicht geäußert, solche Pseudo-Therapien zu verbieten – und schon läuft der Bibelbund dagegen Sturm und warnt davor, dass mit einem Verbot ein „jahrhundertealter sexualethischer Konsens der Kirchen kriminalisiert” werde.

„Die Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass Homosexualität keine Schöpfungsvariante, sondern eine Verirrung des Menschen ist“, heißt es auf der Website des Vereins.

Besonders Christen durften über Jahrhunderte hinweg bestimmen, was krankhaft und kriminell ist und erwarten, dass der Staat auch heute noch Gesetze nach ihren überholten Moralvorstellungen macht.
Damit muss endlich Schluss sein!